Es ist die eine Sache, wenn der „Chef” Dinge einfordert, die man „unmöglich” findet. Das kommt vor und gehört zur alltäglichen Betriebs- und Unternehmensrealität. Ebenso ist es auch kein Drama, wenn der Chef sich einmal im Ton vergreift, weil er einen schlechten Tag hat. (Das Gleiche gilt natürlich auch für Chefinnen.) Eine Sache, die aber langfristig Vertrauen zerstört, Loyalität untergräbt, Motivation und Produktivität ausbremst und Leistungsstreben mindert, sind Unaufrichtigkeit und mangelnde Authentizität im Führungsverhalten.
Um diese Tatsache näher zu betrachten, wenden wir uns der „Theorie des kommunikativen Handels” und im Besonderen den „Geltungsansprüchen” des Philosophen Jürgen Habermas zu. Seine Theorie lautet: In einer verständigungsorientierten Kommunikation setzen wir stillschweigend folgende drei Geltungsansprüche, d.h. Grundregeln voraus:
1. Wahrheitsanspruch, 2. Anspruch auf Richtigkeit, Angemessenheit, 3. Wahrhaftigkeitsanspruch, Aufrichtigkeit und Authentizität.
Sprechen ist kommunikatives Handeln
Sprachliche Äußerungen sollen „wahr”, „angemessen” und „wahrhaftig” sein. Diese Ansprüche sind wichtig, weil sprachliche Äußerungen immer in einem sozialen Kontext stattfinden. Mit allem was ich sage, kommuniziere ich nicht nur eine „semantische Bedeutung”, sondern ich gehe eine Verpflichtung ein. Wenn wir mit jemandem scherzen, eine Geschichte aus unserem Leben erzählen, eine Verabredung treffen, uns entschuldigen, eine Option offerieren etc. sprechen wir nicht nur mit jemandem, wir handeln durch unsere Worte.
Habermas Geltungsansprüche erklären, warum „harte” oder „pampige” Antworten vom Teamleiter toleriert werden. Spannungen und Konflikte müssen die Grundregeln der Kommunikation nicht verletzen. Schlechte Laune macht einen Menschen auch glaubwürdig. Solange jemand ehrlich und authentisch bleibt, ist eine Verständigung möglich.
Diese Grundregeln der Kommunikation gelten immer, auch beim Plausch im Fahrstuhl oder in der Kantine. Insbesondere Führungskräfte sollten sich dessen bewusst sein. Mit Authentizität sichern sie sich den wechselseitigen Vertrauensvorschuss der Glaubwürdigkeit, den sie unbedingt für eine funktionierende Kooperation in ihrem Unternehmen und ihre erfolgreiche Arbeit im Team brauchen. Aber wie gelingt das im stressigen Alltag? Selbstreflexion ist eine gute Methode.
Mit Selbstreflexion zur Führungspersönlichkeit
Führen bedeutet nicht nur, den Werkzeugkasten des Führungshandwerks gewinnbringend einzusetzen. Führungserfolg hängt von den richtigen Maßnahmen, vor allem aber von der Führungspersönlichkeit ab. Eine authentische Kommunikation ist nicht das offensichtlichste Werkzeug, aber es ist die Basis, ohne die viele andere Instrumente, wie Feedback-Gespräche, Team-Motivation oder die Implementierung von Visionen nicht funktionieren.
Der Weg zur Wahrhaftigkeit führt u.a. über die Selbstreflexion. Lassen Sie sich trainieren, wenn Sie zu der Erkenntnis kommen, dass Ihre Kommunikation noch nicht die „Kraft” hat, die eine Führungs„kraft” haben sollte. Letztendlich werden Sie für sich feststellen, dass Authentizität Ihre Selbstsicherheit und Performance verbessert und Ihren Wohlfühlfaktor steigert.